Die Zahl der Krimifreunde und Schriftsteller/innen, die sich mit Fachfragen an mich wenden, wächst zunehmend.

Ich bemühe mich, alle Fragen zu beantworten, was leider aus zeitlichen Gründen nicht immer kurzfristig möglich ist. Bitte haben Sie Verständnis dafür, wenn manchmal Wochen oder Monate vergehen, bis ich mich mit einer Antwort zurückgemeldet habe.

Vor einiger Zeit übersandte mir ein Schriftsteller die nachfolgenden Frage, die von solchem Allgemeininteresse ist, dass ich sie in diesem Krimi-IQ behandeln möchte:

“Werter Herr Sowa, ich bin auf Ihre sehr interessante Homepage bei der Recherche für einen Roman gestoßen. Es soll zwar nicht der klassische Krimi werden, aber etliche Elemente davon gehören dazu. Leider gestaltet sich die Suche zu bestimmten Fakten doch als recht schwierig. Ich hoffe daher, sie können mir ein wenig weiterhelfen. Ich suche vor allem Informationen rund um die sogenannte Asservatenkammer. Eigentlich interessiert mich alles, das Wichtigste jedoch: gibt es eine spezielle Ausbildung/Weiterbildung für diese Tätigkeit? Und wie wird sie genau bezeichnet bzw. welcher Dienstgrad herrscht vor? Welche Vorschriften gibt es bezüglich der Archivierung? …”

Hier nun die Antwort, die ich in einzelne Fragekomplexe unterteilt habe:

Was sind Asservate?

Unter Asservaten verstehen wir Verwahrstücke.

Sie werden von der Polizei häufig auf Grund einer Sicherstellung oder Beschlagnahme aus strafprozessrechtlichen Gründen (§§ 94, 108, 111b, 127a, 132 StPO, 46 OWiG) verwahrt.

Beispiel: Ein Einbrecher wird nach seinem Beutezug festgenommen. Die Polizei findet in seiner Kleidung Schmuckstücke und Schraubendreher. Der Täter behauptet, dass die Gegenstände sein Eigentum seien, und widerspricht der Sicherstellung durch die Polizei. In diesem Fall werden die Beamten die Schmuckstücke und Schraubendreher zur Beweissicherung beschlagnahmen. Mit dieser Maßnahme gelangen die Gegenstände in sogenannte amtliche Verwahrung und werden damit zu Asservaten.

Auch darf die Polizei aus gefahrenabwehrenden Gründen eine Sicherstellung von bestimmten Sachen aussprechen (§ 43 PolG NW). Beispiel: Bei einer Demonstration gegen die Politik des amerikanischen Präsidenten George W. Bush beobachtet die Polizei eine Gruppe Jugendlicher, die vor der amerikanischen Botschaft mit einer Spitzhacke Steine aus dem Straßenpflaster löst. Die Beamten entschließen sich zu einer Sicherstellung der Spitzhacke, womit diese als Asservat zu behandeln ist.

Wo werden Asservate verwahrt?

Sichergestellte oder beschlagnahmte Gegenstände werden in der sogenannten Asservatenkammer bei den Polizeibehörden verwahrt. Darunter sollte man sich einen schlichten Raum vorstellen, der mit Regalen möbliert ist, in denen die Asservate bis zu Herausgabe hinterlegt werden. Mit Aufklebern oder Anhängern aus Pappe werden die Verwahrstücke gekennzeichnet und in einem Verwahrbuch – das ist häufig eine schlichte Kladde – registriert.

Wer ist für die Asservierung zuständig?

In jeder Polizeibehörde wird ein Verantwortlicher benannt, dem die Aufsicht über die Asservate übertragen wird. Dies ist im Allgemeinen ein Angestellter oder eine Angestellte ohne spezielle polizeiliche Ausbildung. Er oder sie wird lediglich in die Materie durch ‚Learning by doing’ eingeführt und zum ‚Leiter der Asservatenstelle’ ernannt.

Gelegentlich werden auch Polizeibeamte des mittleren oder gehobenen Dienstes mit dieser Aufgabe beauftragt.

Wie lange werden Asservate aufbewahrt und was geschieht mit ihnen danach?

Prinzipiell soll die Dauer der Verwahrung auf das unbedingt notwendige Maß beschränkt werden. D.h., dass die Sachen, die aus strafprozessualen Gründen in Verwahrung genommen worden sind, mit Abschluss des Ermittlungsverfahrens bei der Polizei mit der Ermittlungsakte an die Staatsanwaltschaft abgegeben werden.

Im o.g. Einbruchsbeispiel würden die Schmuckstücke an den ursprünglichen Eigentümer zurückgehen und der Schraubendreher bis zum Abschluss des Strafverfahrens bei der Staatsanwaltschaft verwahrt und dann in der Regel vernichtet.

Im Falle der Sicherstellung der Spitzhacke würde der Gegenstand an die Eigentümer zurückgegeben, sobald die Gefahren für die Bediensteten der amerikanischen Botschaft nicht mehr bestehen. In der Praxis dürften die Demonstranten am Tag nach der Veranstaltung ihr Grabegerät bei der Polizei abholen.

© by Reiner M. Sowa 2004

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