Vor einigen Stunden habe ich noch den Sommer am Schwarzen Meer erlebt und jetzt darf ich meinen ersten Schneeball des Jahres werfen.
In den Gebirgszügen Anatoliens liegt auf 2500 m Schnee, der Wind pfeift und es ist bitterkalt.
Der Bügel meiner Titan-Brille brach. Ich hatte in Erinnerung, dieses Gestell als “unkaputtbar” gekauft zu haben.
Auf meiner Seidenstraßen-Reise war mir ein guter Durchblick sehr wichtig. Deshalb wollte ich mich mit meiner Reserve-Brille nicht begnügen.
Meine Frau bat bei meinem Haus-Optiker in Bergisch Gladbach um einen Ersatz-Bügel, den sie mir zuschicken könnte. “Leider wird dieses Modell nicht mehr produziert”, war die Antwort. Der Folgesatz wog viel schwerer: “Andere Modelle passen auf die Bohrung der Brillengläser nicht.”
So wandte ich mich in Istanbul an Gül-Optik, ein kleines Geschäft auf vielleicht 20 qm Ladenfläche. Der sympathische Optiker Kadir Cakal zog sofort mehrere Ersatzbügel aus seiner Schublade und bot mir an, die Bügel anderer Modelle auf meine Brille umzuarbeiten.
Das nannte ich Service. Er bot mir einen Tee an, während er meine Brille fertigstellte.
Teşekkür ederim, Kadir!
Mitten im Niemandsland stand meine Tankanzeige auf “Gleich leer!”, was bei einem Tankinhalt von 25 Litern täglich passiert.
Ich nahm die nächste Tankstelle, drei Tankwarte bedienten mich und versuchten mit mir ein Gespräch auf Türkisch. Da ich bei jedem Kontakt Worte dazulerne, gelang sogar ein vernünftiger Informationsaustausch: Woher ich komme? Ob ich den ganzen Weg mit diesem sonderbaren Fahrzeug zurückgelegt habe? …
Begegnungen zählen zu den schönsten Erlebnissen des Reisens. Da kann die Landschaft noch so großartig, ein Bauwerk noch so prächtig, ein Restaurant noch so hervorragend sein – die Begegnungen müssen passen, erst dann wird die Reise als Ganzes stimmig.
Ein Abhaken von Sehenswürdigkeiten nach Reiseführer kommt für mich nicht infrage. Die Landkarten, die ich zu Beginn ins Acadiane-Regal gestellt hatte, habe ich mittlerweile im Altpapier entsorgt. Nun reise ich nach den Himmelsrichtungen und frage die Menschen nach dem Weg.
So ist das Ziel meiner langen Reise nicht der Ankunftsort – es sind die Menschen unterwegs, mit denen ich Kontakt habe.