Für manche sind Oldtimer reine Sammel- und Showobjekte. Meine Acadiane rollt seit nunmehr 31 Jahren auf den Straßen dieser Welt und gehört noch lange nicht zum alten Eisen. Sie eignet sich als Sammler- und Ausstellungsauto, obwohl sie immer noch für den robusten Einsatz auf abenteuerlichen Reisen genutzt wird. Die Acadiane ist dabei mein mobiles Heim. Wer sich auf das Wesentliche konzentriert, braucht nicht mehr Komfort für monatelange Expeditionen. Siehe auch hier: https://www.youtube.com/watch?v=yC1DoyahHQE

Viele Menschen haben mich auf der weltgrößten Messe des historischen Automobils, der TechnoClassica in Essen besucht. Gerne habe ich den interessierten Besuchern von meiner Reise erzählt und ihnen die Acadiane vorgestellt.
Aber nicht nur die Acadiane gehört zu meinem historischen Fuhrpark. Es sind auch andere Fahrzeuge, die mich seit vielen Jahren begleiten, aber immer auch Alltagsfahrzeuge sind. Sie sind Old- oder Youngtimer, werden auf Baustellen, im Anhängerbetrieb, beim Umzug, auf Reisen, beim Einkauf oder zum Tiertransport eingesetzt. Neue Autos interessieren mich nicht. Ich mag Patina, den Charme des Alters und eine Handhabung, die nicht elektronisch gesteuert, sondern noch sinnlich erfahrbar ist.

 

 

Ich war sehr gespannt, ob und in welchem Zustand ich meine Acadiane nach sechs Monaten „Parkzeit“ in dem staubigsten Ort meiner Seidenstraßen-Reise vorfinden würde. Noch am Tag meiner Ankunft in der iranischen Grenzstadt suchte ich mit „meinem kleinen Bruder“, wie Atilla sich nannte, die Lagerhalle des Händlers Ahmed auf. Ahmed öffnete vier klobige Vorhängeschlösser, mit denen das Tor gesichert war. Weit hinten in der Lagerhalle stand meine Reise-Ente, die mich letztes Jahr bis an die iranische Küste des Kaspischen Meeres gebracht hatte.

Eine dicke Staubschicht bedeckte das Auto. „Wash me!“, schrieb Atilla mit seinem Finger in den Staub.

Das Auto sprang zuverlässig an – was sonst. Es ist ja ein 2CV! Allerdings hatte der Motor die Lautstärke eines Presslufthammers. Mit diesem Geräusch hatte ich den Wagen dort abgestellt und deshalb jetzt im Koffer einen neuen Vorschalldämpfer mitgebracht. Als erstes ging es in eine Waschanlage. Das Wasser kam aus einer Tonne. Die Jungs leisteten großartige Arbeit.

Am nächsten Tag suchte ich eine Hebebühne, damit ich ohne Umstände den Schalldämpfer austauschen konnte. Ich fand sie in der Werkstatt des 16-jährigen Hakan. Der Junge stand mitten im Leben: Er führte die Werkstatt, machte Kostenvoranschläge, reparierte mit Geschick und war dazu ein dufter Typ. Mit Händen und Füßen erklärte ich dem nur kurdisch sprechenden Jungen, dass ich seine Hebebühne für einen Nachmittag mieten wolle. Wir wurden uns handelseinig und brachten den Wagen in eine angenehme Arbeitshöhe. Erst als ich mir einen Blaumann anzog, registrierte Hakan, dass ich selbst reparieren wollte.

Wenige Minuten später war ich von Kurden umringt, die sich bestens unterhalten fühlten, weil ein Deutscher ein sehr skurilles Auto in einer Region reparierte, in die sich nur wenige Ausländer wagen. Einige wollten nicht nur zuschauen. Sie assistierten, indem sie mir die passenden Schraubschlüssel oder Ratschen anreichten.

Das war der defekte Vorschalldämpfer, den die Kurden am liebsten noch geschweißt hätten.

Dankbar bin ich vor allem Bahtiyar und Muhammed, die mich schließlich beim Schrauben unterstützten. Hakan verweigerte nach getaner Arbeit die Annahme des vereinbarten Honorars. Ich konnte mich nur mit Gastgeschenken aus Köln und dem Bergischen Land revanchieren.

Atilla, Hakan, Bahtiyar und Muhammed: Ich habe mich bei euch sehr wohl gefühlt.

Sipas dikim ji bo mêvanperwerîya we.

Der Kurde Atilla unterstütze mich bei der Suche nach einem Stellplatz für meine Reise-Ente. Er schlug eine Wiese, einen Rohbau oder ein eingefriedetes Grundstück vor. Wir besichtigten diese Orte. Sie sagten mir nicht zu, denn ich wünschte mir einen Platz mit einem Dach und einem abschließbaren Tor.

Nach vielen Telefonaten und einem Tipp eines iranischen Zahnarztes wurde mir die Lagerhalle des kurdischen Händlers Ahmed angeboten. Dort konnte die Acadiane trocken und sicher den harten kurdischen Winter überstehen.

Vor der Abreise:                                                     Am Ende der Reise:
Frisch lackierte Felge.                                            Stark beansprucht.

 

            

Wartungsarbeiten an der Ente machen am meisten Spaß, wenn es warm ist. Deshalb habe ich mir dafür eine Tankstelle am Schwarzen Meer ausgesucht.

Mindestens zwei Tankwarte bedienten an den türkischen Zapfsäulen.
Wenn sie nichts zu tun hatten, schauten sie, ob ich alles richtig mache:
Motoröl und Ölfilter wechseln,
Ventile einstellen,
Zündkontakte prüfen,
Achsschenkel abschmieren,
Zündkerzen wechseln.

Die Herzlichkeit der Türken geht soweit, dass sie mir ungefragt zwischendurch einen Tee brachten und darauf bestanden, dass ich eine Mittagspause machte. Sie servierten mir ein Reisgericht mit leckerem Gemüse und Fladenbrot.

Nach den Arbeiten war ich satt, und die Acadiane fit für die zweite Hälfte der Seidenstraßen-Reise.